Kunstsammlungen entstehen aus Leidenschaft, Kalkül oder Zwang. Meistens sind diese Motive miteinander verwoben oder verschieben sich mit der Zeit. Bei Reinhard Conny Konzack liegt das Hauptgewicht eindeutig auf der ersten Kategorie, und er beschäftigt sich mit Kunst auf eine erfrischend unverstellte Weise, die sich nicht um Mainstream des Kunstbetriebs kümmert. Der Programmkinomacher (Kant Kino), Veranstaltungs- und Künstlermanager (u.a. Die Ärzte, Ideal, Extrabreit) fing erst um die Zeit des Mauerfalls an Kunstwerke zu erwerben. Vorher prägten ausschließlich die Leidenschaft zum Film und zur Musik das Leben des in Neukölln geborenen „Ur-Berliners“. Durch die Beschäftigung mit der bildenden Kunst setzt er die professionelle Beschäftigung mit Kreativität auf einer privaten Ebene fort.

Zur Kunst kam Reinhard Conny Konzack durch die Bekanntschaft zu Wolfgang Mertens, der über sein Einrichtungshaus DEPLANA und die DEPLANA Kunsthalle verschiedene Berliner Künstler förderte und ihre Werke der Öffentlichkeit zugänglich machte. Dazu zählten auch die miteinander befreundeten Maler Dirk Sommer (1948-1999) und Peter Büchler (*1965), von denen Reinhard Conny Konzack seine ersten Werke erwarb und die er in den folgenden Jahren kontinuierlich mit weiteren Ankäufen unterstützte.

Beide Künstler gründeten 1990 die Dirty Windows Gallery, ein nicht-kommerzielles Ausstellungsprojekt in angemieteten Vitrinen der U-Bahn Station Kurfürstendamm, und waren eng in der Berliner Off-Kunstszene der Wendezeit vernetzt. Das künstlerische Aushängeschild im Westteil der Stadt war immer noch die sogenannte „Heftige Malerei“ der Jungen oder Neuen Wilden. Dirk Sommer hatte an der HdK bei dem Neo-Expressionisten K. H. Hödicke (*1938) studiert. Der jüngere Peter Büchler kam als Autodidakt zur Kunst und machte sich im wesentlichen durch selbstorganisierte, exklusiv inszenierte Atelierausstellungen einen Namen.

Margull, Angelika
Portrait R.C.K.

Die vielschichtigen, häufig von Schrift- und Collageelementen durchbrochenen Bilder dieser beiden Künstler feiern die Materialität und den Art-Brut-Gestus der Neuen Wilden, doch ist auch eine Wahlverwandtschaft zur Dada-Ironie von Martin Kippenberger (1953-1997) zu erkennen, der von 1978 bis 1980 in Berlin lebte.

Bis in die 1990er Jahre hinein hat Reinhard Conny Konzack nur vereinzelt Kunstwerke gekauft. Neben Sommer und Büchler kam dann Ende des Jahrzehnts noch der in Berlin lebenden Schweizer Maler Jürgen Zumbrunnen (*1946) hinzu. Weitere Berliner Künstler, die er in den folgenden Jahren zumeist über persönliche Vermittlung kennen lernte und um die sich dann der erste Schwerpunkte der Sammlung bildete, sind das Künstlerpaar Lilli Engel (*1939) und Raffael Rheinsberg (*1943), der Bildhauer Paul Pfarr (*1938) sowie der Maler Manfred Dörner (*1945) und die Potsdamer Künstler Reiner Fürstenberg (1961-2012) und Stephan Velten (*1954).

Reinhard Conny Konzack hat seine Sammlung vorwiegend durch Direktverkäufe aus den Ateliers der Künstler aufgebaut. Erst ab 2000 waren auch Galerien daran beteiligt. Zuerst die Galerie Weihergut aus Salzburg, wohin Konzack häufig zu den Festspielen wegen seiner Freundschaft zur Opern-Regisseurin Uschi Herrmann und zu dem Bühnenausstatter Karl Ernst Herrmann fuhr. Über die Galerie Weihergut hat Konzack Arbeiten von Arbeiten von österreichischen Künstlern wie Thomas Redl (*1965 ) und Rudi Stanzel (*1958) erworben sowie von Christo (*1935 ), Bruce Naumann (*1941), Janis Kounellis (*1936), Antoni Tàpies (*1923) und Richard Serra (*1939). Zum Werk von Richard Serra verbindet Konzack schon eine lange Leidenschaft, seitdem er bei einer USA-Reise 1978 eine Serra-Ausstellung in San Francisco gesehen hat, wie auch zu Christo, der ihm durch die Arbeit „Running Fence“ auffiel.

Nachhaltig wirkte sich die Begegnung mit dem Berchtesgardener Künstler Martin Rasp (1940- 2010) aus, dessen taktile Materialbilder und Skulpturen in der Tradition der Arte Povera stehen und von dem er einige Arbeiten via der Galerie Weihergut erworben hat. Eine Arbeit „ Budapester Flugobjekte“ entstand auf seine Anregung, da er beim Atelierbesuch, Interesse an zwei grauen papieren Flugobjekten zeigte, die ungeordnet auf einer Platte lagen und ihn an die Arbeiten von Anselm Kiefer erinnerten, den Konzack in dessen Werkschau im Hamburger Bahnhof Berlin für sich entdeckte.

Erst in den Jahren 2004/05 wurde Reinhard Conny Konzack bewusst, dass er nicht mehr nur Gelegenheitskäufer von Kunst ist, sondern inzwischen über eine gültige und profilierte Sammlung verfügte. Dies hatte nicht nur mit der schieren Quantität der bislang erworbenen Arbeiten zu tun, die mittlerweile den verfügbaren Platz in Wohnung und Büro etc. überstieg, was die Anmietung von Lagerflächen nach sich zog. Entscheidend war der innere Zusammenhalt der Werke, die unterschwelligen Korrespondenzen, die sich zu einer geistigen Substanz verdichteten.

Ab 2006 intensivierte sich die Zusammenarbeit mit Berliner Galeristen wie Volker Diehl, Kristian Jarmuschek, Birgit Ostermeier, Werner Tammen, Thomas Schulte, Andreas Wendt und Cornelia Wichtendahl. Gleichzeitig erweiterte sich der Sammlungshorizont. Neben einer jüngeren Generation deutscher Künstler, zu denen vor allem Christian Achenbach (*1978), Matthias Deumlich (*1962), Oliver Gröne (*1969), Marc Gröszer (*1973), Sebastian Heiner (1961), und Moritz Schleime (*1978) zu zählen sind, kamen internationale in Berlin lebenden Künstler wie Angela Dwyer (*1961), Jovana Popic (*1977) und Roman Lipski (*1969) hinzu.

Ein weiterer neuer Sammlungsaspekt ist seit Ende der 2000er Jahre ist die Auseinandersetzung mit fotografischen Positionen, in denen ein Bezug zur Malerei besteht. Ausgehend von dem Erwerb eines „Fotogramms“ von Floris Neusüss (*1937) in der Galerie Cameraworks Berlin, folgten Ankäufe von Arbeiten von Mats Gustafson (*1951), Idris Kahn (*1978), Joseph Kerscher (*1961), Madleine Stillwell (*1978), Tessa Verder (*1967) und Ernst Vollant (*1946).

Neben Bildern der oben genannten Künstler hat er auch von einigen Skulpturen und Objekte erworben, wodurch dreidimensionale Arbeiten zu einer eine weitere Sammlungsposition geworden sind. Darunter Stahlarbeiten von Manfred Dörner, Rainer Fürstenberg und Stefan Velten oder Objekte von Matthias Deumlich, Angela Dwyer, Volker W. Hamann (*1962), Rafael Rheinsberg, Martin Rasp und Peter Wolf (*1960).

Eine besondere Arbeit ist eine Auftragsarbeit die von Jürgen Zumbrunnen vor Ort am Wohnsitz von Konzack entstand sowie die Arbeit „al gusto“ von Lilly Engel und Rafael Rheinsberg, eine Kombination aus Malerei und Objekten, deren Zusammenstellung auf Anregung von Reinhard Conny Konzack erfolgte.

Eine weitere ungewöhnliche Arbeit der Sammlung ist „Bilderleben II“, eine Hommage an Professor Hermann Wiesler: In einer Holz/Metallkassette, gestaltet von Ansgar Nierhoff, vereinen sich Texte zu Künstlern von Hermann Wiesler mit Original Werken von 43 Künstlern.
Die R.C.K. Kunstsammlung umfasst derzeit 234 Werke. Reinhard Conny Konzack ist niemand, der mit den Ohren sammelt, also auf Einflüsterungen von Beratern hört oder irgendwelchen Trends nachläuft. Er sammelt keine Trophäen, sondern setzt sich in möglichst direkter, unvoreingenommener Weise mit einem Werk auseinander. Eine Aussage von Ihm ist:

Die Werke finden mich und nicht ich die Werke

Am Anfang steht fast immer die persönliche Begegnung mit dem Künstler in seinem Atelier. Es kommt dabei stark auf die zwischenmenschliche Chemie an, auf die Ähnlichkeit der Wellenlängen. Konzacks Bauchgefühl, auf das er beim Kunstkauf hört, ist unbestechlich und lässt sich nicht durch Namen blenden. Mit der Affinität zu einem Bild- bzw. Skulpturenbegriff, bei dem das Gemachtsein der Werke und ihre Materialität im Vordergrund stehen, wurde so eine von erstaunlicher Geschlossenheit geprägte Sammlung konturiert.

Marc Wellmann / R.C.K.